Schäferei Hertler aus Deggingen
Sieben Generationen Albpflege durch Schäferei Hertler
Über das ganze Jahr sind die sechshundert Merino-Landschafe der Familie Hertler auf der Schwäbischen Alb unterwegs. Sie beweiden die frischen Talwiesen und die äußerst kräuterreichen Wacholderheiden. Deren europaweit einzigartiges und geschütztes Vorkommen ist übrigens den vierbeinigen Landschaftsgärtnern zu verdanken. Abgesehen davon blühen neben dem seltenen Enzian auch zahlreiche Orchideenarten, die wie Gebüsche, Hecken, Eichen- und Buchenwälder typisch für die Filsalb sind.
Genauso typisch für diese Gegend wie Flora und Fauna ist auch das Bild des Schäfers mit seiner Herde. Bereits seit Jahrhunderten prägte dieser Beruf das Landschaftsbild der Schwäbischen Alb und hat somit maßgeblich zu ihrem heutigen Bild als Kulturlandschaft beigetragen. Nach wie vor also eine ökologisch enorm wertvolle Berufung, die durch den Preisverfall von Wolle und dem enormen Preisdruck von Lammfleischimporten aus Übersee im Sterben liegt. Viele Schäfer gaben auf oder zogen sich auf auswärtige Weidegebiete zurück.
Hierdurch fiel nicht nur ein Großteil der beweideten Albflächen der natürlichen Sukzession zum Opfer, sondern auch ein großes Stück des kulturellen Erbes. Obwohl diese Tatsache traurig ist, erinnert sie dennoch täglich daran, warum dieser Beruf gewählt wurde. Und so zieht der Schäfer Tag ein, Tag aus mit seinen pelzigen Vierbeinern über die Weiden. Die einzigartigen Kalkmagerwiesen und Wacholderheiden sind seine Verantwortung, und diese wird gern und mit Leidenschaft getragen. Durch die Beweidung werden Lebensräume für seltene Pflanzen- und Tierarten erhalten, die sich dort den seit Jahrhunderten bestehenden, natürlichen Bedingungen angepasst haben.
Gleichzeitig werden Samen von Weide zu Weide transportiert – und zwar auf die natürlichste und nachhaltigste Methode, die es gibt: durch das Fell der Herde. Während die Schafe in den Frühjahr-, Sommer- und Herbstmonaten durchgängig im Freien leben, ziehen sich Muttertiere und Lämmer über den Winter hinweg in Ställe zurück, um sich vor der Witterung zu schützen. So sieht der Alltag aus – von Natur und Wetter bestimmt, ohne Kompromisse. Das bedeutet einerseits eine Herausforderung für den Schäfer selbst, aber viel mehr noch für seine Schafe, die sich im Zuge dessen zu sehr robusten und widerstandsfähigen Tieren entwickelt haben. So, wie es sich für Merinolandschafe gehört; eine hervorragende, feinste Merinowolle, die ihnen das ganze Jahr über Schutz vor den Witterungsverhältnissen gewährt. Gestärkt und satt von den wilden Kräutervorkommen (Thymian, Salbei und auch Oregano) und den Produkten der hier weit verbreiteten Streuobstwiesen.
Was dem Schäfer besonders am Herzen liegt, ist das Projekt Hutewald. Eine lichte Waldweide (etwas, das in Mitteleuropa leider schon lange zur reinen Rarität verkommen ist), die immense Bedeutung für unterschiedlichste gefährdete Organismen hat und eine Vielzahl an seltenen und geschützten Pflanzen beherbergt. Umzingelt von alten Buchen, die sich mit ihren ausladenden, tief beasteten Baumkronen charmant vom Bild umliegender Waldstücke abheben und den Hutewald zu einer fantastischen Erfahrung machen. Mit seinen 146 niedergelassenen Pflanzenarten bringt er Naturgenießer wie auch Botaniker ins Staunen. Und auch morgen wird er durch die natürliche Grundpflege der Schafe ermöglicht und erhalten werden.